Dienstag, 19. März 2013

Alimentum * (Cambridge)

ENDLICH bekommt in meinen Blog auch das erste Sterne-Restaurant einen Platz: Das Alimentum in Cambridge (England) hat im Oktober 2012 einen Stern bekommen und wurde von mir "getestet" und bekommt daher auch besonders viel Raum.

Als wir das Restaurant betreten, werden wir sofort freundlich empfangen, die Garderobe wird uns abgenommen und wir werden zu unserem reservierten Tisch gebracht, doch der sagt uns nicht zu. Das Restaurant hat auf "Sitz-Blickhöhe" ein längliches Fenster eingebaut, um direkt in die Küche schauen zu können. Das finde ich auf der einen Seite sehr spannend, jedoch auch gleichzeitig ungemütlich, denn das Fenster ist zu groß, das kalte Licht der Küche stört, wenn man direkt davor an einem Tisch sitzt. Wir setzen uns daher an einen Tisch, der nicht direkt davor liegt.

Die Karte bietet verschiedene Varianten seine Speisen zu kombinieren. Es gibt ein 7-Gänge Menü (72 Pfund), ein 10-Gänge-Überraschungs-Menü (85 Pfund) oder eine Wahl des "à la carte"-Essens, das bei 3 Gängen 49 Pfund kostet - wir entscheiden uns für das selbst gewählte 3-Gänge-Menü.

Ich wähle als Vorspeise "Hamhock - Parfait, smoked hazelnut, pickled mushroom", wo ich nicht richtig weiß, was mich erwarten wird, als Hauptspeise "Duck - Celeriac, wild garlic and potato" und als Nachtisch "Dark chocolate - Pear, olive oil and Maldon sea salt". Die Karte klingt interessant, trotzdem weiß man nicht so richtig was einen erwarten könnte - das irritiert mich ein wenig.

Vorweg gibt es selbstgebackenes Brot mit Butter. Das Brot ist noch warm und schmeckt gut für englisches Brot (in Deutschland würde ich gehaltvolleres Brot erwarten), doch die nicht ganz weiche Butter liegt aus meiner Sicht auf einer zu kleinen Glasplatte. Es ist schwierig die Butter abzustechen, ohne dass sie dabei auf den Tisch kippt.



Danach folgt ein Gruß aus der Küche. Ein Apfel-Pastinaken-Schaum mit Apfel-Karamell und Popcorn. Sieht toll aus! Für einen Gruß ist der Teller fast zu groß bzw. zu gut gefüllt - das könnte schon fast eine Vorspeise sein. Der Schaum schmeckt lecker, eine interessante Kombi - doch das Popcorn ist pappig.


Nach dem leckeren Start kommt die eigentliche Vorspeise, die mich leider enttäuscht. Was als erstes auffällt: Die Schüssel passt nicht zum bisherigen weißen Geschirr, sie wirkt ein bisschen wie "selbst getöpfert".

Die Portion ist sehr groß. Das Parfait, das aus meiner Sicht eher ein Mousse ist ruft bei mir ein Ekel-Gefühl hervor, es schmeckt unglaublich streng und intensiv, mich erinnert es irgendwie an Leber (die ich nicht mag). Ich kann den Teil der Vorspeise nicht essen und halte mich an den Salat. Der schmeckt gut, ist zusätzlich mit einer Art Speck gespickt, ist jedoch viel zu viel aus meiner Sicht, so dass es nach gewisser Zeit fast langweilig wird.

Auf die Frage, ob es mir geschmeckt hat, antworte ich ehrlich und erhalte nicht mehr als ein "Aha". Das ist schade und erwarte ich bei einem Sterne-Restaurant definitiv anders. Ich möchte nichts neues angeboten bekommen, aber ich möchte, dass auf mich eingegangen wird. Ein "Aha" reicht da nicht aus.

Der Hauptgang überrascht leider ebenfalls. Die Sellerie-"Stäbchen" sind alle schwarz. Wir sind überrascht, dass uns dies überhaupt so serviert wird. Auf Nachfrage, ob das so gehört, wird uns erläutert, dass das so richtig ist, da die Stäbchen ja gegrillt wurden. Egal ob gegrillt oder nicht, so etwas "schwarzes" kann man mir in einem Sternelokal nicht servieren. Es schmeckt zwar tatsächlich nicht verbrannt, aber hat auch keinen Grillgeschmack. Die Ente schmeckt gut und die Kartoffeln sind offensichtlich geschichtet und dann in Form geschnitten worden, sieht toll aus und schmeckt gut!

Bevor wir das Dessert bekommen, gibt es noch ein sog. Vordessert. Ein Ingwerschaum mit einem Crumble. Das schmeckt spannend und erfrischt - toller "Zwischengang".


Das Dessert "Dark Chocolate" sieht aus meiner Sicht das erste Mal wirklich nach Sterneküche aus. Die Zusammenstellung aus fester Schokoladenmousse mit Boden, Olivenöl, Birne und Salz ist interessant und bis auf die sehr großen "Salzklumpen" eine gute Mischung. Das Birnensorbet schmeckt super. Was mich allerdings auch hier stört: In den Boden des "Kuchens" haben die Köche Brausepulver o.ä. eingearbeitet, so dass die Zunge prickelt, wenn man es isst. Das erinnert mich an die Kindheit, verbinde ich aber nicht mit Sterneküche, aber das ist ggf. auch Geschmackssache.

Ich "muss" natürlich auch noch den Kakao probieren, auch wenn die Portionen wirklich groß waren und ich schon satt bin. Und hier leider die nächste Enttäuschung: Der Kakao kommt definitiv aus der Maschine (sieht man schon an der Oberfläche - nicht einmal Milchschaum ist drauf) und schmeckt unglaublich süß und nicht gut. Lecker sind allerdings die Pralinen, die wir noch dazu bekommen.


Die Toiletten wären für ein normales englisches Lokal ok, bei einem Sternelokal erwarte ich mehr. Ich möchte lieber nicht näher auf die Sauberkeit der Toilette eingehen...

Fazit: Dafür, dass ich den Abend in einem Sternelokal verbracht habe, hat mich das Essen und auch der Service nicht komplett überzeugt. Es war nicht schlecht, aber wenn ein Stern dranhängt, achte ich eben auch auf Kleinigkeiten. Da gibt es viele bessere Sternelokale, zu denen ich eher gehen würde. Schade - aber trotzdem war es ein schöner Abend und ich bin um eine Erfahrung in einem Sternelokal reicher - ich freue mich auf weitere :-)


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